Seit dem Mittelalter ist die Silberstraße in Sachsen ein Begriff. Sie führt kurvenreich mit ordentlichen Höhenunterschieden zu einer Vielzahl von bergbaulichen Anlagen, die in jüngster Zeit stillgelegt und zu faszinierenden Schauobjekten umgestaltet wurden.
Start in Zwickau. Die Stadt erlebte ihre erste wirtschaftliche und kulturelle Blüte bereits im Mittelalter. Damals machten vor allem die Tuchherstellung und der Silberbergbau im benachbarten Schneeberg die Zwickauer Bürger reich. In unserer Zeit wurde Zwickau als Produktionsort des legendären „Trabbi“ bekannt. Noch heute zeugt das Automobilmuseum von der spannenden Geschichte des Autobaus in Zwickau.
Wir verlassen die Stadt auf der B 93 nach Süden, kreuzen die Autobahn und erreichen nach rund 20 Kilometern entspannter Fahrt das barocke Schneeberg. 1477 wurde dort zum ersten Mal Silber gefunden, und die Blütezeit Schneebergs begann. Wer es genau wissen will: Im Bergbaumuseum und auf dem Bergbaulehrpfad können sich Interessierte in die Tiefen der Silberschürfung begeben.
Auf der B 101 gelangen wir wenige Kilometern später nach Aue am Zusammenfluss von Zwickauer Mulde und Schwarzwasser. In dem Städtchen mit seinen teilweise noch gut erhaltenen Jugendstilhäusern wurde in erster Linie Zinn gefördert. Später kam das Kaolin hinzu, aus dem in Meissen Porzellan hergestellt wurde. Nach 1945 wurde in Aue Uran abgebaut.
Die B 101 bringt uns in runden Bögen weiter nach Schwarzenberg. Die alte Bergwerkstadt glänzt durch ihre Pfarrkirche St. Georgen, einem außergewöhnlich schönen Barockbau. Drinnen kann man mehrere geschmückte Logen sehen, die den reichen Bürgern vorbehalten waren.
Allmählich gewinnt die Route an Höhe. Die Kurven werden enger, die Schräglagen intensiver. Was bleibt ist die gepflegte und griffige Fahrbahn der B 101. Auf 670 Metern erklimmt die Silberstraße ihre größte Höhe und kurvt am 800 Meter hohen Scheibenberg und seinen „Orgelpfeifen“ vorbei.
Im Ortsteil Annaberg zeigt sich noch heute der Silberreichtum der Doppelstadt Annaberg-Buchholz. Im 16. Jahrhundert lebten hier 12.000 Menschen und damit mehr als in Leipzig. Aus Hunderten von Gruben wurde Silbererz gefördert und machte die Stadt zu einer der reichsten Deutschlands.
Ein Stück außerhalb steht im gleichnamigen Ort der Frohnauer Hammer. Die Anlage, 1435 als Getreidemühle gebaut, war von 1650 bis 1905 ohne Unterbrechung als Eisenhammer in Betrieb. In der Werkstatt mit ihren drei gewaltigen Hämmern sieht es immer noch so aus wie vor ein paar hundert Jahren. Durch Wasserkraft angetrieben, schlugen die Hämmer die groben Eisenstücke zu handlichen Stücken, die dann in anderen Betrieben geformt, gewalzt, gezogen oder gestanzt wurden.
Nun wieselt die Strecke kurvenreich am Ufer des Flusses Zschopau entlang und gelangt nach Marienberg. 1519 wurde hier erstmals Silber gefunden, kurz darauf begann die planmäßige Arbeit zur Errichtung einer Siedlung. Im Zentrum liegt der große quadratische Markt, von dem aus rechtwinklig die Straßen in Richtung Stadtmauer verlaufen. So wird ein Rundgang durch Marienberg zu einem Spaziergang durch die Bergbaugeschichte.
Ab dem Ortsende von Marienberg folgt die Route den herrlichen Kurven der B 171 in Richtung Zöblitz. Griffiger Asphalt, gute Übersicht, knackige Schräglagen. Erst der Ortseingang von Olbernhau setzt der flotten Kurverei ein Ende. Besichtigt werden können die Saigerhütte und der Althammer. Beide bilden zusammen ein technisches Open-Air-Museum, das als perfektes Beispiel für ein frühes Buntmetall-Hüttenwerk gilt (mit Restaurants).
Jetzt verlässt unsere Tour kurz die offizielle Silberstraße, um den Klassiker in der Spielzeugwelt schlechthin zu besuchen: Seiffen. Seine Bewohner waren um 1700 die Ersten, die Holzspielzeug bastelten und auf den Märkten der Umgebung anboten. Einen guten Überblick über die Seiffener Holzspielzeugproduktion erhält man im Museum an der Hauptstraße. Aber auch ein Besuch in den vielen Familienbetrieben lohnt sich. Fast wie vor 300 Jahren werden dort noch Holzfiguren geschnitzt und gedrechselt.
Auf direktem Weg geht es nun nach Freiberg, in die Stadt mit der längsten Tradition im sächsischen Silberbergbau. Man steuert am besten den Marktplatz von Freiberg an, stellt dort das Bike ab und bewundert bei einer Tasse Kaffee und einer Freiberger Spezialität, einer Eierschecke, die wunderschönen Bürgerhäuser ringsum. Angeblich verhalf ein zufälliger Silberfund der Stadt zum Reichtum: Kaufleute sollen im 12. Jahrhundert in den Spuren ihrer Fuhrwerke etwas hell Glänzendes gefunden haben – Silber. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war der Freiberger Silberbergbau erfolgreich, bevor ihn die Konkurrenz aus Amerika und die Einführung der Goldwährung unrentabel machten.
Den Schlussspurt übernimmt die B 173, die uns über Tharandt und Freital in die Landeshauptstadt Dresden bringt.
Roadbook:
Zwickau – Schneeberg – Aue – Annaberg-Buchholz – Wolkenstein – Marienberg – Olbernhau – Seiffen – Freiberg – Freital – Dresden (ca. 170 km)
Motorradtreffs:
Eibenstock: Talsperre Eibenstock, Gaststätte direkt an der Staumauer.
Augustusburg: Schloss und Motorradmuseum, jährliches Wintertreffen.
Grünhein-Beierfeld: Bike-PS-Station im Ortsteil Langenberg.
Oberwiesenthal: Der Parkplatz des Fichtelbergs ist der höchst gelegene Bikertreff Deutschlands.
Highlight:
Der Rechenkünstler
Im 16. Jahrhundert lebte in Annaberg-Buchholz der Bergbeamte und kurfürstliche Hofarithmeticus Adam Ries. Um die Bergleute vor Betrug zu schützen, brachte er ihnen das Rechnen bei. Seine Lehrbücher waren Bahn brechend und fanden in der ganzen Welt Verwendung. Wer Adam Ries auf die Finger schauen möchte: In der Johannisgasse 3 steht sein Wohnhaus.