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Gastgewerbe in der Coronakrise

Geschrieben am 30.04.2020

Vor einigen Tagen hat die deutsche Regierung sich zwar auf eine vorläufige Steuersenkung für das Gastgewerbe geeinigt, aber den Unternehmen fehlt immer noch die Perspektive, wie es weitergehen soll. Wann genau die vom Verband Dehoga geforderte verantwortungsvolle Öffnung des Gastgewerbes tatsächlich umgesetzt wird, steht weiterhin noch nicht fest. Der Verband stellt fest, dass sich rund ein Drittel der Betriebe in einer akut existenzgefährdenden Situation befinden. Zu diesem Thema hat BikerBetten ein Gespräch mit Professor Dr. Burkhard von Freyberg an geführt.

Wie schaffen wir die verantwortungsvolle Öffnung des Gastgewerbes?

Mit dieser Frage beschäftigt sich Politik, der Dehoga, Wirte und letztlich auch die Gäste. Während sich die Durchführung von Hotelübernachtungen durch die Privatsphäre auf dem Zimmer noch vergleichsweise einfach gestaltet, müssen bei Restaurantbetrieben stärkere Veränderungen ergriffen werden. Ähnlich der aktuellen Vorgehensweise im Einzelhandelsgewerbe ist eine verantwortungsvolle und sichere Wiederöffnung der gastronomischen Betriebe nur mit einem gut durchdachten Sicherheitskonzept möglich. Hierin sollten einerseits die Gastronomen, andererseits auch die Gäste in die Verantwortung genommen werden. Betreiber von Restaurants, Wirtshäusern und Biergärten sollten die kritischen Kontaktpunkte in ihren Betrieben analysieren und gezielt Schutzmaßnahmen ergreifen. Hierzu zählt beispielsweise die zeitweise Abschaffung von kalten Buffets, das Anordnen der Bestuhlung mit ausreichendem Sicherheitsabstand, die deutliche Verstärkung von Reinigungs- und Desinfektionszyklen sowie die vermehrte Nutzung von kontaktloser Zahlung. Diese Maßnahmen können jedoch nur greifen, wenn sie auch durch die Gäste ernstgenommen und berücksichtigt werden. Um eine flächendeckende Wirkung zu erreichen, ist die Vorgabe eines Maßnahmenkatalogs mit klaren Regeln seitens Bund und Länder bzw. der Verbände jedoch unerlässlich. Für Clubs / Diskotheken sehe ich auf absehbare Zeit keinen Spielraum für eine verantwortungsvolle Öffnung.

Kann die Krise auch als Chance begriffen werden?

Sicherlich sollte jeder Unternehmer des Hotellerie- und Gaststättengewerbes die aktuelle Zeit auch als Chance sehen. Es erscheint durchaus realistisch anzunehmen, dass nach Bewältigung der Corona-Krise der Anteil an Inlandsreisenden spürbar zunehmen wird, wovon die Hotellerie und Gastronomie in Deutschland profitieren kann. Begründet liegt dieser Trends im stark ansteigenden Sicherheitsbewusstsein der Reisenden. Während zunächst natürlich kurzfristige Maßnahmen wie die Sicherung der Liquidität durch beispielsweise Kurzarbeitergeld oder Steuer- und Darlehensstundungen ergriffen werden müssen, sollten sich die Gastgeber im nächsten Schritt auf die Anpassung der eigenen Produkt- und Kommunikationspolitik konzentrieren. Wer bereits jetzt an die Zeit nach Corona denkt und seine Angebote und Marketingstrategie dementsprechend anpasst, schafft eine gute Grundlage, von diesem zu erwartenden Aufschwung schneller zu profitieren.

Warum sollten Betriebe jetzt ins Marketing investieren, wenn möglich?

Um an dem eben geschilderten Effekt partizipieren zu können, ist die Erhöhung bzw. Schaffung der Sichtbarkeit des eigenen Betriebs von größter Bedeutung. Etliche deutsche Reisende müssen ihren geplanten Jahresurlaub nach Spanien, Italien oder die USA nun stornieren und suchen parallel nach alternativen Reisezielen im eigenen Land. Dies wird begünstigt durch Aussagen der Regierung, die die Durchführung von internationalem Urlaub in der nahen Zukunft für unwahrscheinlich bis unmöglich deklariert. Bei den Ersatzbuchungen werden selbstverständlich primär Beherbergungsbetriebe gewählt, die eine prominente Position in Suchmaschinen und Vergleichs-/ Buchungsportalen innehaben, weshalb die Investition in eine professionelle Webseite mit Direktbuchungsmöglichkeit sowie SEO und SEA derart bedeutend ist. Des Weiteren verbringen die Menschen derzeit überdurchschnittlich viel Zeit auf den verschiedenen Social Media-Kanälen und es bot sich für Unternehmen selten so an, auf einer emotionalen Ebene mit den Followern zu kommunizieren. Dabei ist jedoch viel Fingerspitzengefühl gefragt, da eine zu direkte oder unvorsichtige Ansprache der Corona-Situation auch negative Effekte nach sich ziehen kann.

Welche Auswirkungen wird die Corona-Krise auf schon länger bestehende Probleme im Gastgewerbe haben (Mitarbeitermangel, Nachfolgeprobleme etc.)?

Sicherlich wird es durch die wirtschaftlich einschneidenden Umstände zu einer gewissen Marktbereinigung kommen. Dies wird jedoch verstärkt die Betriebe anbelangen, die bereits vor der Krise nicht effizient gewirtschaftet haben und von Problemen betroffen waren. Da es sich hierbei allen voran um privatgeführte Individualhotels handeln wird, ist davon auszugehen, dass die Markenhotellerie in naher Zukunft den Löwenanteil des deutschen Beherbergungsmarktes (gemessen an der Zimmeranzahl) einnehmen wird (2019 noch 44,4 Prozent des Zimmerangebots in Deutschland, Tendenz seit Jahren steigend). Um dieses Schicksal für den eigenen Betrieb zu verhindern, sind die Unternehmer gefordert, eine hohe Flexibilität und Optimismus an den Tag zu legen, um die aktuellen Herausforderungen möglichst erfolgreich zu meistern. In jeder Krise können vorige Probleme zu Chancen werden – beispielsweise wirkt sich die bevorstehende Rezession und die weitverbreitete Anwendung von Kurzarbeit auch positiv auf das Angebot auf dem Arbeitsmarkt aus, wovon die Hotellerie letztendlich profitieren könnte.

Zur Person

Prof. Dr. Burkhard von Freyberg absolvierte eine Hotelfachlehre im Hotel Bayerischer Hof in München und studierte im Anschluss Wirtschaftswissenschaften in München, Boston und Regensburg. Nach verschiedenen beruflichen Stationen im In- und Ausland war er unter anderem vier Jahre beim Hotelberatungsunternehmen Treugast als Senior Consultant und Leiter des angegliederten Forschungsinstitutes tätig. Er unterrichtet seit März 2007 an der Fakultät für Tourismus der Hochschule München, im März 2009 wurde er zum Professor für Hospitality Management berufen. Hier lehrt er unter anderem Strategisches Hotelmanagement und Hotelprojektentwicklung und beschäftigt sich intensiv mit aktuellen Fragestellungen und Zukunftsthemen des nationalen und internationalen Gastgewerbes. Prof. Dr. von Freyberg ist zudem auch Autor diverser branchenspezifischer Artikel und Bücher, Jurymitglied „Hotelimmobilie des Jahres“ und als Berater für Hotels und Hotelgesellschaften aktiv.